Kommunikation in den kritischen Phasen der Restrukturierung

In jeder Restrukturierung gibt es Phasen, die besonders anfällig sind für Störungen und Widerstände. Wer präsent hat, dass er es immer und überall mit Menschen zu tun hat, umschifft so manche Klippe.

1. Projektdesign und Projektfreigabe

Zur Freigabe des Projektes durch den Vorstand müssen Umfang, Nutzen und Kosten des Projektes definiert werden. Neben der betriebswirtschaftlichen Logik muss aber vor allem gezeigt werden, wie das Projekt anschlussfähig gemacht wird an das Denken und Empfinden der betroffenen und beteiligten Menschen. Und wie es danach weitergehen soll…

Auch die Führung muss erst überzeugt werden

Das Top-Management weiß, dass Einschnitte in die Organisation das Unternehmen häufig in eine Phase der Handlungsschwäche bringen und durch Wettbewerber verwundbar machen. Entsprechend gründlich prüft es die Projektplanung. Die Hürde der Freigabe nimmt, wer zeigen kann, dass alles getan wurde, um das Projekt ins Gelingen zu führen und die angestrebten Resultate zu erreichen. Sie hängen wesentlich auch davon ab, ob die Maßnahmen ohne große Verwerfungen durchgeführt werden können und die Organisation mitzieht. Dies ist in der Verantwortung von Human Resources und Kommunikation. Gemeinsam mit den Businessverantwortlichen sind die vorgesehene Positionierung des Projektes, die Interventionsmöglichkeiten in erfolgskritischen Phasen, die professionelle Vorbereitung und Unterstützung der Verantwortlichen oder die definierten Maßnahmen zur Risikominimierung zu entwickeln. Sie sind für den Freigabeprozess wichtige Bewertungskriterien. Sie sind auch für die Frage beurteilungsrelevant, ob das Top-Management das Projekt bei den Projektverantwortlichen „in guten Händen“ weiß und ihnen die Unterstützung gibt, die sie benötigen.

Mit anderen Worten: Die Geschichte, die das Ganze tragen soll, beginnt hier. Im Mittelpunkt steht der „Reason why“  des Projektes – der Begründungszusammenhang, die übergeordnete „Story“ bildet den Kern. Auch Vorstand oder  „SteerCo“ müssen abgeholt und überzeugt werden. Dafür gilt es, Konzepte zu entwickeln, Maßnahmen abzuleiten und in Prozessplanungen zu überführen. Kernprozesse und Kommunikationsprozesse werden verzahnt und die Projektorganisation fixiert.

Ziel ist Rückhalt und Unterstützung für das Projekt und die Schaffung von Flexibilität. Vertrauensaufbau und Erwartungsmanagement sind die Stichworte.

 2. Mitarbeiter mitnehmen

Das Verhalten der Mitarbeiter entscheidet über den Erfolg der Restrukturierung. Das gilt für Betroffene und Beteiligte gleichermaßen. Voraussetzung ist, dass man sie ernst- und mitnimmt. Auch unpopuläre Maßnahmen werden akzeptiert, wenn man sie nachvollziehbar macht und erklärt.

Die Mitarbeiter wollen von der Notwendigkeit überzeugt werden

Die besondere Herausforderung liegt dabei darin, ihre unterschiedlichen Rollen zu berücksichtigen. Personalmanager wissen, dass die Dinge selten schwarz-weiß sind. So gibt es nicht nur Mitarbeiter, die ihren Arbeitsplatz verlieren und solche, die ihn behalten. Wenn Standorte geschlossen werden müssen, dann selten über Nacht. Die Arbeit muss weiter erledigt werden. Führungskräfte müssen Transformationen managen, an deren Ende sie ihre Position verloren haben werden. Und Mitarbeiter im Kundenkontakt müssen in ihrem Selbstbewusstsein und dem Stolz auf ihr Unternehmen gestärkt werden.

Die nicht direkt betroffene Mitarbeiter beobachten sehr genau, wie mit denjenigen umgegangen wird, die betroffen sind und bewerten vor diesem Hintergrund ihre eigene Position zum Unternehmen permanent neu. Der Zusammenhalt der Organisation ist in dieser Phase fragil.

Hinzu kommt, dass das deutsche Betriebsverfassungsgesetz der Kommunikation klare Regeln setzt. Nicht alles, was helfen würde, kann auch gemacht werden. Wichtig ist jedoch, ein Narrativ der Veränderung zu etablieren, aus dem heraus die sehr unterschiedlichen Rollen, Erwartungen und Interessen der verschiedenen Stakeholder aus einer schlüssigen und über das gesamte Projekt konsistenten Position bedient werden können. Es muss in der Unternehmensgeschichte verankert sein und eine positive Perspektive bieten. Und es braucht Klarheit und Verlässlichkeit über den gesamten Prozess, um Sicherheit zu geben und Vertrauen zu schaffen. Kommunikation dient dazu, das Tempo zu variieren, zu mobilisieren, Positionen einzufangen und Situationen auszubalancieren. Ziel ist es, den Zusammenhalt zu bewahren. Empathie und Führungsstärke schließen sich nicht aus.

Nicht immer kann dabei auf einen vorhandenen „Sense of Urgency“ gebaut werden. Insbesondere bei Projekten zur Optimierung von Unternehmensaufstellungen fehlt den Mitarbeitern häufig die unmittelbare Einsicht. Dies erhöht den Kommunikationsaufwand auf allen Ebenen, um Führungskräfte und Mitarbeiter von dem Wandel und seiner Notwendigkeit zu überzeugen und sie zur Veränderung zu bewegen.

3. Umsetzung und dann

Der Abschluss von Interessenausgleich und Sozialplan markiert den Start der Umsetzung der organisatorischen Maßnahmen. Für ein professionelles Human Resource Management und die Kommunikation ist das nur die eine Seite der Medaille.

Das Neue schaffen

Der Abschluss der Verhandlungen zwischen den Betriebsparteien und die Vorstellung der vereinbarten Maßnahmen werden häufig sogar mit einer gewissen Erleichterung begleitet. Die Phase der Unsicherheit geht zu Ende. Das ist der Zeitpunkt, an dem der Blick nach vorne gerichtet werden kann. Es gilt, die Organisation mit sich selbst ins Gespräch zu bringen und gemeinsam das Neue zu entwickeln.

Eine Organisation verarbeitet einen „Eingriff“ und seine Nachwirkungen auch emotional. Dabei braucht sie Unterstützung. Es gilt, die Stimmungen aufzugreifen, sie verständlich zu machen und daraus Kraft für die Zukunft zu schöpfen. Durch Moderation von Verständigungsprozessen, durch Workshops und Coaching wird die gemeinsam erlebte Geschichte in eine gestaltbare Zukunft überführt. Dieses Signal strahlt nach innen und außen. Auch Kunden, Partner und der Wettbewerb sind Adressaten der Botschaft einer wiedererstarkten, fokussierten und leistungsbereiten Organisation.

Der Wert der Kommunikation bemisst sich an der Reibungslosigkeit der Umsetzung und im gemeinsamen Beschreiten eines neuen Wachstumspfades. Entscheidend sind der schnelle Abschluss, ein befriedetes Umfeld und Geschlossenheit nach innen und außen.

 

...würde gerne Instrumente spielen, kam aber nie über die Melodica hinaus. Bei BCC orchestriert er sogar und berät strategisch und kommunikativ zu Transformations- und Nachhaltigkeitsthemen. Dort wo sich Dinge an den Schnittstellen von Wirtschaft, Politik und Gesellschaft bewegen, ist sein Interesse geweckt.
Willi Cornel on EmailWilli Cornel on Linkedin